Die Lebenden Toten werden erweckt
Die Abschaffung des Eigenmietwerts trifft auf ein Bau- und Handwerksgewerbe, das bereits durch die Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes (SchKG) erschüttert ist. Seit dem 1. Januar 2025 greift die neue Ordnung unerbittlicher: Zahlreiche Betriebe, die bislang mit stiller Überschuldung weiterarbeiteten, stehen nun vor der zwingenden Bereinigung. Der Markt verharrt in einem Zustand zwischen Überleben und Abwicklung – ein metabolischer Stillstand.
In dieses labile Umfeld wirkt der Wegfall des Eigenmietwerts mit dem erwarteten Ansturm auf Sanierungs- und Erneuerungsaufträge wie eine Injektion aus Adrenalin und ein Schock mit dem Defibrillator zugleich. Die Aussicht, letzte Sanierungen noch steuerlich geltend zu machen, entfacht hektische Betriebsamkeit: Werkverträge werden im Eiltempo geschlossen, Aufträge vorgezogen, Liquidität mobilisiert – oft in Unternehmen, die wirtschaftlich längst reanimationspflichtig wären oder deren Grabstein bereits poliert bereitsteht.
Diese künstliche Belebung verzerrt den Markt. Der Wettbewerb verschiebt sich, Preise geraten unter Druck, und die Gewährleistungsfähigkeit vieler Handwerksbetriebe steht auf wackligen Füssen. Eigentümer, die jetzt modernisieren oder sanieren, sollten die Risiken kennen – von verzögerten Fertigstellungen bis zu insolvenzbedingten Nachbesserungsausfällen.
Was kurzfristig wie wirtschaftliche Vitalität aussieht, ist vielfach nur eine kurze elektrische Entladung in einem übermüdeten System. Steuerrecht, Insolvenzordnung und Marktdynamik laufen asynchron – und wer heute beauftragt, sollte wissen, wie lange die Lebenszeichen seines Gegenübers tatsächlich anhalten.
Seit der Corona-Krise – oder gerade wegen ihr, Stichwort Corona-Hilfen – sind wir es gewohnt, mit lebenden Toten zu interagieren. Diesmal zahlt jedoch nicht der Staat und damit die Solidargemeinschaft für den Exodus im Zombieland, sondern jeder einzelne Auftraggeber, der jetzt unbedacht Sanierungs- und Erneuerungsaufträge an Handwerker und Bauunternehmen vergibt.
Kommentar: Rolf Limbeck, Ludwig Limbeck AG, Cham
